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Den ersten Pokal hat Jürgen Bender noch

Die beiden vom Erfolg verwöhnten MCH-Mitglieder Jürgen Bender und Marco Bayer sind bereit. Der Sattelschlepper mit der über den vergangenen Winter neu aufgebauten GT3-Callaway-Corvette C7 rollt Richtung Norden. In Oschersleben vor den Toren von Magdeburg tritt Jürgen Bender zu seinem Saisonauftakt 2024 an. Das geschieht bei den ersten beiden Wertungsläufen der 38. STT-Challenge am Wochenende.

Geboren wurde Jürgen Bender 1959 in Neckarsulm. Dort machte jüngste Sohn des größten Reifenausrüsters der Region 1976 sein Abitur. Autos und der Rennsport faszinierten „Ben“ wie ihn die Freunde nannten schon immer. Mit 8 Jahren begann der Schüler an einem alten Moped herum fummelte. Erst an einer Quickly und dann an einer Kreidler. „Und Auto fahren wollte Jürgen natürlich auch früh“, erinnert sich ein Mitarbeiter von Vaters Hans Bender noch heute schmunzelnd.

Nach dem Abitur setzte der Neckarsulmer einen gebraucht erworbenen NSU TTS bei Slalomrennen zur Unterland-Hohenlohe Rennslalom-Meisterschaft ein. Der NSU wurde von Jürgen, "sozusagen in vielen Nachtschichten", mit viel Liebe zum Detail nebenher mit Kumpels aufgebaut. Und er holte sich 1980 bei den Läufen den ersten Meistertitel im Slalom-Rennsport. Der erste Pokal steht noch heute im Büro der Firma. Der zweite Slalomtitel folgte im Jahr später.

Seine volle Aufmerksamkeit galt in den folgenden Jahren dem Studium an der technischen Hochschule in Darmstadt. Dadurch gab es in Sachen Rennsport leider eine längere Unterbrechung. Als frisch gebackener Diplomingenieur des Maschinenbaus hätte Jürgen Bender sehr gerne gleich wieder Rennen gefahren. Aber er hatte sich bereits im Studium entschlossen, selbst eine Recycling-Technik-Firma aufzubauen. Das setzte er konsequent um. Beides zusammen, Rennsport und einen Betrieb aufbauen, das ging aber weder zeitlich noch finanziell.

Zu der Zeit gab es noch nicht sehr viele Recycling-Maschinen am Markt. "So konnte ich mein Fachwissen aus dem Studium gleich in der Praxis umsetzen", Schmunzelt Bender im Interview. „Leicht war das nicht“. Er konstruierte und baute eigene Recyclinganlagen. Kunststoff-Bauteile und Reifen begann sein betrieb Ende der 80er Jahre im großen Stil zu schreddern.

Ende der 90er Jahre wurde ein Porsche 993 erworben. Damit ging er in GT-Rennen an den Start. Erster Titel - die Pirelli Trophy 2000. Ein Dutzend GT-Titel im Rahmen der GTP-Serie folgten in den Folgejahren. Der deutsche Porsche Meistertitel und der GTP Porsche Super Sprint Titel von 2001 bildeten den bedeutendsten Erfolg.

Ab 2004 mit an Bord war Marco Bayer aus Erlenbach. Als Renningenieur konnte MCH-Mann Bayer wertvolle Hinweise zur Weiterentwicklung der Porsche GT-Rennwagen beisteuern.

Es folgten Porsche-Cup-Einsätze. Der Höhepunkt zum Jahresbeginn 2006 dann in einer Crew bei den legendären 24h von Dubai am Start. Dort Bender als Teil der Deutsch-Dänische Porsche-Crew den 4. Gesamtrang. Besonders beachtlich ist - dieses Ergebnis wurde im Unterland trotz einiger Versuche anderer Teams bis heute nicht übertroffen.

Die Erfolge ermutigten "Ben" Bender weiter an GT-Meisterschaften teilzunehmen. Ein wichtiger Meilenstein wurde 2007 die Anschaffung eines Porsche 997 GT3. Diesen Wagen galt es unter der Leitung von „Jürgens Einsatzleiter Bayer“ über Jahre neue Verbesserungen. Durch Nachrüstung konnte der Neckarsulmer in der GT-Spitze weiter um Siege fighten. „Jährliche Rennwagen-Neukäufe wären für mich nicht drin gewesen“, so Bender.

Auf einem 520 PS GT2-Porsche von Probst-Racing zeigte Jürgen Bender ganz nebenbei, dass er auf Anhieb gegen Stärkste GT-Modelle von AMG, Ferrari oder Aston Martin ohne Probleme, um Gesamtsiege zu kämpfen in der Lage war. „Aber die Kosten für solche Einsätze bei Profiteams überstiegen meine Möglichkeiten natürlich“. So blieb das Mitglied des Heilbronner MCH in der GT3 aktiv. Mit dem privat eingesetzten Porsche 997 gelang es den Unterländern 2010 im Rahmen der ADAC-GT-Masters die SRO-Meisterschaft. Auf Strecken in ganz Europa kämpften baugleiche GT3-Modelle von Porsche dort um den Titel. Und diese wichtige Meisterschaft nahm Jürgen Bender am Saisonende mit nach Neckarsulm. Nicht nur ein großer Leistungsbeweis der Unterländer Crew Sportwagenschmiede. Sondern dazu ein absoluter Erfolg für den Motorsport Club Heilbronn (MCH).

Als die Modifikationen des Werkes es finanziell nicht mehr sinnvoll erscheinen ließen den eigenen 997 GT3 nachzurüsten, entschied sich Jürgen Bender, bei Callaway Competition in Leingarten eine Z06 Corvette der GT3-Klasse zu erwerben. Vom Heckmotor zum Frontmotor. Ein sehr großer und gewagter Schritt. Aber der Schritt gelang ihm Ende 2012 auf Anhieb. Sofort wurde er einer der Fahrer, die nun auf den Rennstrecken Europas zu den Anwärtern auf den Gesamtsieg gehörten. Europas Rennstrecken wurden Benders Revier. Es folgte Sieg auf Sieg. Einladungen zu Rennen der FIA in Europa folgten. Ein Start in Baku/Aserbaidschan zeigte, dass Bender zu den gefragten Fahrern gehörte. Der Start in Baku fiel in jene Zeit, in der sich das Land gerade begann, sich darauf vorzubereiten, mit einem eigenen Kurs in die Formel-1 zu drängen.

"Uns Streckensprechern war der Name Jürgen Bender geläufig", erinnert sich Klaus Lambert. Bei den GT-Rennen schaute ich immer zuerst drauf, wie schnell ist der Jürgen", merkte auch SDO-Timing-Chef Bernd Jung an. Bender wird zum Maßstab. Schnell wurden immer neue Hundertermarken bei den Pokalen in seinen Neckarsulmer Regale geknackt. „1000 „Pötte“ dürften es heute wohl sein“, so der Neckarsulmer.

2012 gewann "Ben", wie ihn die alten Freunde nach wie vor nennen, den Divinol-Cup. "Eine Serie, die von den Aktiven zu der Zeit regelrecht mit Nennungen bombardiert wurde", erinnert sich Divinol-Manager Hoffmann lächelnd. 2015 fuhr Bender einen STT-Lauf am Lausitzring. Eine Pause zwischen den STT-Rennen gestattete es ihm noch einen Lauf der P9-Challeng reinzuschieben. Er trat an und holte den Gesamtsieg! Manager Fischer war begeistert. 2016 gewann der Hero der Unterländer GT-Szene die DMV-Touring Car Challenge. Im Jahr darauf errang MCH-Ass Bender 30 Jahre nach der Seriengründung den Titel der renommierte STT-Challenge. In der Riege der GT-Routiniers wurde Jürgen Bender der Deutsche, den es auf den Rennstrecken Europas bei GT-Rennen zu schlagen galt.

Doch Bender musste nun selbst bremsen. Anfragen zu Renneinsätzen ausländischer Teams konnte er nicht annehmen. "Schließlich war ich selbstständig. In der Situation kann man nicht mal eben "die Firma, Firma“ sein lassen, um schnell mal nach zu Tests nach Monza (I), Spa (B) oder Silverstone (GB) zu düsen", so die nüchterne Antwort des Neckarsulmers. Ein Wechsel ins Fahrer-Profilage war damit praktisch vom Tisch.

Aber es wird für Jürgen Bender auch zukünftig sehr anspruchsvolle Einsätze geben. Marco Bayers Team Sportwagenschmiede und Jürgen Bender gewannen 2020 alle Läufe der P9-Challengeund so den P9-Titel überlegen dazu.

Ein Super-Wochenende wird oft vergessen. Der Rekord kam Ende 2018 wie folgt zustande: Bender gab am "Ring" die Nennung für 2 Rennserien ab. Der Zeitplan ließ das zu. "Ein Zufall", so Bender, "ich kann es heute noch kaum glauben. Es funktionierte zeitlich ganz knapp". Bender startete zu allen 4 Rennen aus der ersten Reihe, gewann in allen 4 Läufen seine Klasse und errang dazu eben auch alle 4 Gesamtwertungen. Dieser Rekord wurde bis heute nicht gebrochen. Callaway-Competition war begeistert. Deren GT3-Modell vor den Jungs auf Porsche, Audi, Mercedes, Lamborghini, Aston Martin, Ford und Ferrari. "Nicht schlecht, Herr Specht" strahlte ein Callaway-Techniker damals am Ring.

Gesamtsiege in den GT-Serien Deutscher Veranstalter auf den Strecken in Europa bleiben weiterhin das Ziel der Sportwagenschmiede mit Jürgen „Ben“ Bender. Auch wenn es am kommenden Wochenende auf der Rennstrecke in Oschersleben wieder los geht steht der Sieg im Focus. Ein heißer Reifen am Tag auf der Strecke und am Abend sitzt die ganze Crew hinter der Box in der „offenen Küche“ – „Da wird dann gegrillt und es gibt köstliche Salate dazu“, grinst Jürgen. (HTS)

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